Überwachung: Strafverfolger griffen 2022 deutlich häufiger zu Staatstrojanern

Die Zahl der Genehmigungen hat sich fast verdoppelt: 2022 erlaubten Gerichte 109 Mal das Hacken von IT-Geräten, während es im Vorjahr 55 Anordnungen gab.

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Deutsche Flagge aus Partikeln

(Bild: muhammadtoqeer/Shutterstock.com)

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Weiter steigende Tendenz bei heimlichen Eingriffen in IT-Systeme durch Ermittler: 2022 erteilten Gerichte der Polizei und anderen Strafverfolgungsbehörden in Deutschland 109 Mal die Erlaubnis, IT-Systeme etwa mithilfe von Staatstrojanern zu infiltrieren und Daten abzufischen. Das geht aus den neuen Statistiken zur Telekommunikationsüberwachung nach den Paragrafen 100a und b Strafprozessordnung (StPO) hervor, die das Bundesamt für Justiz (BfJ) am Donnerstag veröffentlicht hat. 2021 waren "nur" 55 einschlägige Anordnungen ergangen. Das entspricht knapp einer Verdopplung innerhalb eines Jahres.

Die neue Statistik für 2022 zu Paragraf 100a StPO weist nun insgesamt 94 Anordnungen für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) aus – im Vergleich zu 35 im Vorjahr. Bei dieser Maßnahme wird die Kommunikation direkt auf einem Endgerät vor einer Ver- beziehungsweise nach einer Entschlüsselung abgegriffen.

49 davon wurden tatsächlich durchgeführt, während es 2021 noch 23 waren. Allein 22 Maßnahmen gehen hier auf das Konto der Behörden in Nordrhein-Westfalen (NRW), sechs auf die in Niedersachsen, je vier auf Berlin, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern. Dreimal setzte der Generalbundesanwalt auf Staatstrojaner. Hauptursache sind Drogendelikte: Wie in den vergangenen Jahren, begründete vor allem der Verdacht einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz die Überwachungsprozeduren.

Gesunken ist laut der Übersicht zu Paragraf 100b StPO dagegen mit sechs statt zehn im Vorjahr die Zahl der Verfahren, in denen Richter heimliche Online-Durchsuchungen anordneten. Dabei dürfen die Fahnder mithilfe von Staatstrojanern etwa auch Festplatten inspizieren und nicht nur die laufende Kommunikation mitschneiden. Die Anzahl der Erst- und Verlängerungsanordnungen zu dieser Form der Online-Bespitzelung lag 2022 bei 15, von denen insgesamt sieben tatsächlich durchgeführt wurden. 2021 waren es 20 Genehmigungen, von denen neun umsetzbar waren. Für sechs Anordnungen war 2022 der Generalbundesanwalt zuständig, für vier Sachsen. In sieben Fällen ging es um die Bildung krimineller beziehungsweise terroristischer Vereinigungen.

Wieder etwas zurückgegangen sind die Zahlen zu Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation nach Paragraf 100a StPO insgesamt, zu denen etwa auch das Abhören von Telefonaten ohne Anwendung von Spionagesoftware gehört. 2022 genehmigten die Gerichte in 4981 Verfahren 15.451 Anordnungen. Das sind 10,3 Prozent weniger als 2021.

Zugleich hat das BfJ die Statistik der Abfrage von Verbindungs- und Standortdaten gemäß Paragraf 100g StPO herausgegeben. Demnach sind 2022 bundesweit hier in 20.553 Verfahren insgesamt 30.182 Maßnahmen angeordnet worden. Im Vergleich mit den Daten des Vorjahres (27.863) ist ein Anstieg um 8,3 Prozent zu verzeichnen. Erstmals publizierte das BfJ für 2022 Zahlen zur Abfrage von Nutzungsdaten bei Telemediendiensten wie Facebook, WhatsApp, Google oder X gemäß Paragraf 100k StPO. Demnach führten die Strafverfolger 2022 bundesweit insgesamt in 94 Verfahren 111 Maßnahmen durch.

(mho)